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Cyber Physical & Medical Systems

Mathematik, die Leben retten kann

Forschende:

Dr. Sebastian Götschel, Institut für Mathematik 

Krebszellen sind hungrig. Deswegen sind Tumore gut durchblutet – so können sie aggressiv wachsen. Wie gut ein Tumor durchblutet ist, zeigt an, ob und wie gut eine Therapie anschlägt. Das kann man sich vorstellen wie ein Straßennetz, in dem LKW Waren zu einzelnen Orten transportieren.  Im Körper bilden die Blutgefäße die Straßen, über die wichtige „Lieferungen“ erfolgen: Über das Blut werden Sauerstoff, Medikamente Nährstoffe transportiert. Doch wie ein Straßennetz überall anders ist: es gibt krumme Gassen, Einbahnstraßen in verschiedene Richtungen. Manche Straßen sind verstopft. So sind auch die mikroskopischen Gefäßnetzwerke im Inneren des Tumors individuell verschieden von Person zu Person. Doch bislang fehlt es an klinisch einsetzbaren, kostengünstigen Verfahren, um den Blutfluss in einem Tumor präzise und nichtinvasiv zu analysieren.

Ein Forschungsprojekt der Technischen Universität Hamburg (TUHH) in Kooperation mit drei renommierten US-amerikanischen Einrichtungen – der Stanford University, der Mayo Clinic und der University of California, San Diego – will das ändern. Mithilfe von 4D-Ultraschallaufnahmen (räumlich und in der Zeit) sowie mathematischen Modellen entwickeln die Forschenden am Beispiel der Leber ein Verfahren, das eine schnelle quantitative Analyse von Tumorgefäßen ermöglicht – direkt am Patientenbett.

Vom Bild zur Diagnose: Ultraschall neu gedacht

Das Prinzip ist innovativ und pragmatisch zugleich. Mit einem modernen 3D-Ultraschallgerät werden zeitlich aufgelöste Aufnahmen erstellt. Diese dynamischen Bilddaten halten fest, wie ein Kontrastmittel durch das Tumorgebiet fließt. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf Gefäßstruktur und Durchblutung ziehen. Gerade in der Leber, einem Organ mit besonders komplexem Blutfluss, führt das zu neuen Möglichkeiten für die Krebsdiagnostik und das sogenannte Treatment Monitoring. Das ist die Frage, ob eine bestimmte Therapie tatsächlich wirkt, oder ob lieber eine andere Vorgehensweise gewählt werden sollte.

„Die typischen Ultraschallbilder bieten visuelle Informationen. Was wir brauchen, sind Zahlen: Durchflussgeschwindigkeiten, Verteilungsparameter, konkrete Aussagen zur Gefäßstruktur“, sagt Dr. Sebastian Götschel, Senior Researcher am Institut für Mathematik der TU Hamburg. „Diese Informationen aus verrauschten, zeitlich und räumlich limitierten Bilddaten herauszuholen, ist anspruchsvoll. Doch genau das ist unser Ziel.“

Mathematische Modelle für die Medizin

Goetschel ist Mathematiker mit breiter anwendungsnaher Expertise. Vor seiner Zeit an der TU Hamburg arbeitete er am Zuse-Institut Berlin, promovierte an der FU Berlin und war am Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien tätig. Er ist Mitglied des Koordinationsteams der TUHH-Initiative Machine Learning in Engineering.

In dem aktuellen Projekt beschäftigt er sich mit einem sogenannten inversen Problem – einer der kniffligsten Klassen mathematischer Aufgaben. Aus bekannten Wirkungen wie der Helligkeit von Bildpunkten im Ultraschall soll auf unbekannte Ursachen wie beispielsweise die Blutflussgeschwindigkeit oder den Gefäßwiderstand geschlossen werden. Dazu braucht es Modelle, die nicht nur mathematisch lösbar, sondern auch physiologisch sinnvoll sind.

„Wir haben zuerst mit einem einfachen Diffusionsmodell gearbeitet“, erklärt Götschel. „Das war mathematisch ganz einfallsreich, aber physiologisch nicht überzeugend, weil Blut sich nun mal nicht einfach diffus verteilt.“ Stattdessen betrachtet das aktuelle Modell arterielles und venöses Blut getrennt. So entstehen zwei gekoppelte Gleichungen – eine für den Zufluss, eine für den Abfluss – deren Lösung eine aussagekräftige Kennzahl zur Durchblutung liefert.

Von der Maus zum Menschen: ein langer Weg

Die Methode wird zunächst an Tiermodellen erprobt und anschließend in präklinischen Studien validiert. Eine Patientenstudie soll 2029 abgeschlossen sein. Dabei werden die bildgebenden Daten mit Gewebeproben (Histologie) abgeglichen und mit weiteren Verfahren wie der Super-Resolution-Ultraschalltechnik (SRUS) kombiniert. Ziel ist es, ein Analyseverfahren zu entwickeln, das robust, zuverlässig und schnell genug ist, um es direkt in den klinischen Alltag zu integrieren – ohne aufwendige Großgeräte wie MRT oder CT. Diese sind teuer, nicht überall zugänglich, und CTs bringen zudem eine Strahlenbelastung mit sich.

„Ein Ultraschallgerät passt auf einen Rollwagen. Das ist ein riesiger Vorteil – gerade dort, wo Ressourcen knapp sind“, sagt Götschel. Auch die Rechenzeiten sollen im Rahmen bleiben: Eine leistungsfähige Workstation könnte innerhalb von rund einer Stunde aussagekräftige Ergebnisse zu liefern. Dafür wird parallel über viele Prozessorkerne hinweg gerechnet.

Wichtig ist zudem, dass die Ergebnisse erklärbar bleiben: „Wir brauchen Modelle, die wir verstehen, um zu wissen, dass die Ergebnisse glaubwürdig sind.“ Während neuronale Netze also künftig Teil der Lösung sein könnten, steht jetzt erst einmal die klassische Modellierung im Mittelpunkt.

Ein Hamburger Beitrag zur internationalen Spitzenforschung

Die TU Hamburg ist mit einem kompakten Team am Projekt beteiligt. Neben Götschel arbeiten ein Postdoktorand mit Schwerpunkt Computational Engineering sowie eine Doktorandin mit Fokus auf mathematischer Modellierung, Simulation und Optimierung an der Umsetzung. Gemeinsam mit den Partnern in den USA bilden sie eine interdisziplinäre Brücke zwischen Mathematik, Medizin, Physik und Ingenieurwissenschaften. Gefördert wird das Projekt über fünf Jahre mit insgesamt rund drei Millionen US-Dollar von den US-amerikanischen National Institutes of Health (NIH).

Für Götschel ist das Projekt die perfekte Verbindung seiner Interessen: „Ich finde es großartig, wenn ich mit meiner Arbeit konkret etwas bewirken kann. Mathematik ist oft sehr abstrakt. Manchmal forscht man jahrelang, und am Ende interessiert das weltweit nur wenige Fachleute. Hier ist das anders und wir sehen direkt, wofür unsere Arbeit gut ist.“

Visualisierung einer Rekonstruktion für einen Datensatz aus einem Maus-Experiment
Foto: TU Hamburg
Visualisierung einer Rekonstruktion für einen Datensatz aus einem Maus-Experiment

Sicheres Internet – sparsames Fliegen

Forscher*innen  Prof. Arne Jacob

                          M.Sc. Kevin Erkelenz

                          M.Sc. Noah Sielck

Neuartige Antennen sind in der Lage, aus einem Flugzeug heraus eine Verbindung zu einem Satelliten aufzubauen und während des Fluges zu halten. Durch ihre extrem flache Bauweise kann mit dem Einbau in die Außenhaut des Fliegers gegenüber herkömmlichen Lösungen eine deutliche Menge an Treibstoff eingespart werden.

Bei genauem Hinsehen weisen Flugzeuge einen Buckel oben auf dem Rumpf auf. Unter dieser Ausbuchtung verbergen sich die Antennen für die Kommunikation über die Satelliten im All. Radom heißt diese Schutzhülle. Satelliten vom Flugzeug aus zu benutzen, ist keine leichte Sache, da sich das Flugzeug bewegt und trotzdem den Kontakt zum Satelliten aufrechterhalten muss. Bislang geschieht das mit Antennen, die mechanisch nachgeführt werden. Das erfolgt wie bei beweglichen Satellitenantennen, deren runde Schüsseln millionenfach an Häusern installiert sind, um Radio- und Fernsehsender zu empfangen. Am Institut für Hochfrequenztechnik (IHF) der TU Hamburg geht man nun neue Wege und forscht an dem Antennenprojekt BANG (Broadband in Aviation - Next Generation), das mit Unterstützung des Unternehmens Lufthansa Technik entsteht. Der betreuende Professor Arne Jacob erklärt, wie es funktioniert: „Wir bauen die Antennen aus vielen sehr flachen Einzelantennen auf. Eine modulare Bauweise der Antenne ermöglicht den Austausch einzelner Module und vereinfacht die Wartung.“

Schnelles Internet beim Fliegen

Künftig soll es mit ihnen möglich sein, während eines Fluges zu telefonieren und online zu sein. „Das erfolgt an Bord über elektromagnetische Wellen, und zwar bei Frequenzen von einigen zehn Gigahertz, bei denen die Wellen nicht sichtbar sind“, so Prof. Jacob. „Die Aufgabe von Antennen ist es, diese Wellen zu bündeln. Das kann man sich wie den Strahl einer Taschenlampe vorstellen. Und dieser Strahl - man spricht hier auch von Antennenkeule - wird jetzt nicht mehr mechanisch, sondern elektronisch auf den Satelliten gerichtet.“ Solche Antennen (Phased Array) haben nichts mehr mit dem Aussehen herkömmlicher Antennen gemeinsam. Sie bestehen aus vielen kleinen Einzelantennen, die wiederum zu Modulen von etwa einem Zentimeter Stärke zusammengebaut werden. Und sie funktionieren auch völlig anders: Jede dieser kleinen Antennen sendet oder empfängt das gleiche Signal, allerdings mit einer winzigen Zeitverzögerung zu ihren Nachbarn. Diese Zeitverzögerung wird nun so eingestellt, dass sich die Wellen in der gewünschten Richtung konstruktiv überlagern. Weil dies elektronisch geschieht, kann die so erzeugte Antennenkeule schnell und flexibel nachgeführt werden. Ein kontinuierliches Senden und Empfangen ist nun möglich, ohne dass die Antenne mechanisch bewegt wird.

Neue Technik spart Treibstoff

„Demnächst wollen wir erste Messungen an unserem Demonstrator beim Projektpartner Lufthansa Technik durchführen“, sagt Prof. Jacob. Der Demonstrator ist noch deutlich kleiner als die echte Antenne, die einmal im Flugzeug verbaut werden soll. Er besteht zunächst nur aus einem einzigen fünf mal fünf Zentimeter großen Modul. Insgesamt wird aber die gesamte elektronische Antenne nicht größer als 0,25 Quadratmeter sein und besonders flach – so dass der Buckel oben auf der Außenhaut des Flugzeugs am Ende nicht mehr 35, sondern nur noch wenige Zentimeter hoch ist. Das klingt nicht viel, bedeutet aber für ein Flugzeug einen erheblich geringeren Luftwiderstand. Und somit einen deutlich geringeren Treibstoffverbrauch. Mit dem gleichen Ziel sollen die Sende- und Empfangsantenne in eine Apertur integriert werden, um Grundfläche und Gewicht zu reduzieren. Für das Demonstrator-Modul heißt das, dass acht seiner Antennenelemente senden und empfangen können und acht weitere nur senden. Der modulare Aufbau macht den Betrieb der Antennen auch sicherer. Die bislang häufige Aussage: „Ich habe leider gerade keinen Empfang“ dürfte es mit elektronisch gesteuerten Antennen im Flugzeug nicht mehr geben.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Website des Instituts für Hochfrequenztechnik
 

 


Wetterstation für Artenvielfalt

Forscher*innen  Prof. Alexander Kölpin

                          Lukas Reinhold, M.Sc.

Institut               Hochfrequenztechnik

Dekanat             Elektrotechnik, Informatik und Mathematik (E)

Mithilfe von Teststationen sollen die Lebensgewohnheiten von Tieren gemessen werden, um so mehr und genauere Informationen über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Menschen und ihre Umgebung sammeln zu können. Ziel ist es, die Lebensentwicklung auf unserem Planeten besser modellieren zu können.

 

Das Klima wandelt sich, da ist die Wissenschaft sich einig. Doch was heißt das für das Leben auf der Erde? Es gibt zwar sehr gute Modelle für die Entwicklung des Klimas, die aus Messwerten von unzähligen Wetterstationen abgeleitet werden, ein vergleichbares Modell der Biodiversitätsentwicklung aber fehlt. Schon jetzt ist beispielsweise klar, dass in Deutschland ein Großteil der Biomasse an Insekten in den letzten 20 Jahren verschwunden ist. Das ist für viele andere Tiere problematisch, denn Insekten bilden die Lebensgrundlage und Nahrung für viele Vögel, Amphibien und Reptilien. Darüber hinaus tragen sie maßgeblich über die Bestäubung zur Fruchtausbildung von Pflanzen bei, die ebenfalls Nahrungsgrundlage vieler Tiere und letztendlich des Menschen sind. Biodiversität geht uns also alle an. Und es zeigt sich, dass bis jetzt viel zu wenig über die Zusammenhänge des Lebens bekannt ist.

 

Sensoren verarbeiten gemessene Daten

Wissenschaftlich gelöst werden soll das Problem mithilfe des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Vorhabens „AMMOD – Automatisierte Multisensor-Station für das Monitoring von Biodiversität“. Ein Zusammenschluss mehrerer Partner mit unterschiedlichsten Aufgaben. Für die Technische Universität Hamburg koordiniert das Institut für Hochfrequenztechnik (IHF) deutschlandweit die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für die Basisstation solcher AMMOD-Standorte. Diese Standorte können sich in Städten oder belebten Regionen befinden, werden aber oftmals in freier Natur, fernab von jeglicher Zivilisation aufgestellt. „Die Basisstation dient als Zentraleinheit an jedem lokalen Standort. An sie werden sämtliche Sensoren angeschlossen, sie verarbeitet die Messdaten, stellt die elektrische Energie bereit und baut eine Anbindung an eine zentrale Cloud auf“, erklärt Lukas Reinhold, der das Projekt für das IHF verantwortlich betreut. Er führt aus: „Diese Cloudanbindung wird über Mobilfunk realisiert. Problematisch dabei ist, dass häufig an abgelegenen Standorten mit schlechter Netzabdeckung gerechnet werden muss“. Hierfür werden am IHF Lösungsmöglichkeiten in Form von Multiband-Modems, dynamischer Lastverteilung, adaptiven Antennen und energieeffizientem Betriebskonzept untersucht.

 

Insekten, Pollen und Sporen sammeln

Koordiniert wird das Gesamtvorhaben vom Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere/ Zoologisches Forschungsmuseum Alexander König in Bonn. Hier ist man auf die genetische Identifikation von Insekten spezialisiert, dem so genannten Metabarcoding. Dafür werden Insekten mithilfe von automatisierten Käferfallen an den Teststandorten gesammelt. Daneben werden auch Pollen und Sporen automatisiert erfasst und pflanzliche Gerüche mit einer künstlichen Nase klassifiziert. Tiere werden gefilmt, Tierstimmen aufgenommen und klassifiziert. Alle gesammelten Daten werden zusammen mit Metadaten, wie dem lokalen Wetter, in einer Datenbank zusammengeführt, die eine strukturierte Auswertung und Fusion der Sensorinformationen erlaubt.

 

AMMOD ist eine erste Machbarkeitsstudie, die an drei Teststandorten in Bonn, bei Berlin und in Hamburg ihre grundsätzliche Funktion beweisen soll. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die gesteckten Ziele, ein automatisiertes Erfassen und Klassifizieren von Biodiversität für die als Marker ausgewählten Tiere erfolgreich erreicht werden können. Das AMMOD-Konzept bietet die Basis für ein flächendeckendes Monitoring-Netzwerk für Biodiversität in Deutschland, Europa und international.

 

AMMOD-Station im Melbgarten, Bonn. Zu sehen ist die Basisstation in Form eines Installationsschrankes und ein Mast mit einer Kamera. Die anderen Sensoren werden per Funk oder Kabel an die Basisstation angebunden

Berührungslos Epilepsie erkennen

Steckbrief

Forscher*innen     Prof. Alexander Kölpin

Laufzeit                12-2019 – 11-2022

Institute                Hochfrequenztechnik

Dekanat                Elektrotechnik, Informatik und Mathematik (EIM)

Epilepsie ist eine Regulierungsstörung des Gehirns. Wird sie nicht behandelt, äußert sie sich bei Erwachsenen zum Beispiel in Form von Krampfanfällen oder sogar Bewusstlosigkeit. Bei Neugeborenen und Kleinkindern wird Epilepsie jedoch häufig übersehen, weil sie keine Krämpfe zeigen, und kann daher tödlich enden.

Epilepsieforschung erfolgt in der Regel nur an spezialisierten Zentren. Dabei werden Hirnströme mithilfe eines EEGs (Elektroenzephalographie) gemessen und analysiert. Dies kann nur über kurze Zeiträume von wenigen Stunden stattfinden und schränkt die Personen während der Messungen sehr stark ein, da sie verkabelt sind und sich nicht bewegen dürfen. Außerdem stellt sich die Frage, wie aussagekräftig die Messungen sind, da nicht unter realen, sondern nur unter künstlichen Bedingungen und über kurze Zeit gemessen wird.

Gefahr frühzeitig erkennen

Deshalb untersucht Prof. Alexander Kölpin vom Institut für Hochfrequenztechnik (IHF) der Technischen Universität Hamburg im Rahmen des öffentlichen Förderprojekts BrainEpP ein Verfahren, das bei jungen Erwachsenen, Kleinkindern und sogar bei Frühgeborenen berührungslos und kontinuierlich ein Monitoring der Herzkreislauffunktionen ermöglicht. Aus den gemessenen Parametern kann auf die Aktivierung des autonomen Nervensystems geschlossen werden. Es wird von zwei Systemen mit gegensätzlicher Wirkung gesteuert: dem Sympathikus und dem Parasympathikus. Zusammen regulieren sie lebenswichtige Körperfunktionen wie die Atmung, den Herzschlag oder die Verdauung. Die Feinstruktur extrahierter Herzsignale gibt darüber Aufschluss, wie gut diese Regulierung erfolgt. Hieraus lassen sich nicht nur epileptische Anfälle ohne EEG schätzen, es sollen auch schon vor einem Anfall beginnende Störungen erkannt werden. Bei einem solchen Alarm könnte der Anfall medikamentös unterdrückt und die Lebensqualität vieler Betroffener erhöht sowie das Risiko des Versterbens bei einem Anfall reduziert werden. Denn, man vermutet, dass bis zu 20 Prozent aller so bezeichneten plötzlichen Kindstode mit einem unerkannten epileptischen Leiden zusammenhängen.

Kleinste Vibrationen messen

Das Monitoring geschieht ohne jegliche Berührung aus kurzer Entfernung bis zu einem Meter durch Kleidung oder Bettdecke hindurch. Dabei kommt ein so genanntes Hochfrequenzinterferometer zum Einsatz, das mit minimalster Leistung elektromagnetische Wellen sendet, die an der Körperoberfläche reflektiert und vom Sensor empfangen werden. Hieraus lassen sich kleinste Vibrationen der Körperoberfläche von nur wenigen Mikrometern Auslenkung erfassen, wie sie von Herzschlag und Atmung hervorgerufen werden. Diese Distanzmessdaten können kontinuierlich erfasst und mit Hilfe von Maschinellem Lernen automatisiert segmentiert und klassifiziert werden. Das Projekt BrainEpP sucht dabei in den Messdaten nach spezifischen Markern, also messbaren Indikatoren, für einen bevorstehenden epileptischen Anfall.

Das berührungslose Erfassen von Vitaldaten erlaubt somit ein kontinuierliches Monitoring vulnerabler Personengruppen, ohne deren Lebensqualität einzuschränken. Medizinische Veränderungen können damit frühzeitig erkannt werden, bevor gesundheitliche Krisen entstehen. Bei Kindern ist das umso wichtiger, weil die schwer zu erkennende Krankheit Epilepsie bei ihnen unbehandelt zum Tod führen kann.

Projektpartner im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt BrainEpP sind das Universitätsklinikum Erlangen sowie die Firmen Geratherm Respiratory, Silicon Radar, DeMeTec und Voigtmann

Weitere Informationen unter BrainEpP

Messkonzept für berührungslose Epilepsiediagnostik per Hochfrequenzinterferometrie
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